E.M.D.R. steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing, das in deutsch wörtlich Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung bedeutet. EMDR ist eine Methode, die überaus erfolgreich als Hilfsmittel bei der Verarbeitung von traumatischen aber auch bei häufiger auftretenden negativen Erfahrungen, die emotional belastend sind, eingesetzt wird.
Meistens wird Erlebtes verarbeitet und in bestimmten Zonen des Gehirns ad acta gelegt. Bei negativen oder gar traumatische Erlebnisse kann es hingegen vorkommen, dass die Verarbeitung, aufgrund der „Schmerzhaftigkeit, Unfassbarkeit, Komplexität“ scheitert, sich blockiert und das Erlebte mitsamt seiner negativen Gefühlen und Gedankengängen in unverarbeiteter Form in unserem neuronalen Netzwerk hängen bleibt. Jedes mal wenn nun eine, dem blockierten Erlebnis ähnliche Situation, Begebenheit, Empfindung oder Körpergefühl ins Netzwerk gelangt, wird das blockierte Erlebnis unkontrolliert evoziert. Dadurch kann es zu allen denkbaren Störungen, Ängsten und Blockaden kommen: Das weitere Leben steht ganz oder teilweise im Schatten des Erlebten.
Und wie funktioniert EMDR?
Die psychotherapeutische Methode arbeitet mit bilateraler Stimulation der Gehirnhälften. Diese Stimulation ergibt sich durch Augenbewegungen, bilateraler Tonanwendung oder kurzer Berührungen z.B. des Handrückens – das so genannte tapping.
Der Ablauf der Therapie ist standardisiert und besteht in der Regel aus verschiedenen Behandlungsphasen. Es beginnt mit dem Erfassen der Vorgeschichte, der Symptome, der Aufklärung des Klienten und dem Herausarbeiten der belastenden Erlebnisse mit ihren affektiven, kognitiven und sensorischen Komponenten. Zur Bearbeitung der Erinnerung wird der/die KlientIn wiederholt angeleitet, kurzzeitig mit der belastenden Erinnerung in Kontakt zu treten, während gleichzeitig eine bilaterale Stimulation durchgeführt wird.
Durch die bilaterale Stimulation wird die blockierte Verarbeitung der belastenden Erinnerungen aktiviert und ihre zügige Verarbeitung ermöglicht. Nach vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen scheint EMDR nachweislich 40% weniger Behandlungsstunden zu benötigen als andere bewährte Verfahren (van Etten 1998). Die meisten Patienten erleben schon nach der ersten Sitzung eine entlastende Veränderung der Erinnerung. Auch die damit verbundene körperliche und seelische Erregung klingt deutlich ab und negative Gedanken können positiv umformuliert werden.
Bei welchen Störungsbildern wird EMDR angewandt?
EMDR wurde anfänglich zur Behandlung traumatisierter Menschen entwickelt, also die Post traumatische Belastungsstörung. Es hat sich aber bald gezeigt, dass die Methode sich aber auch bei anderen Störungsbildern, die durch belastende Erlebnisse mit verursacht wurden, bewährt. Anpassungsstörungen, Psychosomatische Störungen, Trauer nach Verlusterlebnissen, akuten Belastungsreaktionen kurz nach belastenden Erlebnissen, depressiven Erkrankungen und Angststörungen, belastungsbedingten Verhaltensstörungen von Kindern und chronischen komplexen Traumafolgestörungen nach schweren Belastungen in der Kindheit.
Neuere wissenschaftliche Studien zeigen, dass EMDR auch in der Behandlung von Phantomschmerzen oder der Senkung der Rückfallneigung bei Alkoholkranken wirksam ist. (Bisson 2007, Sprang 2001, van der Kolk 2005, Schneider 2007, Hase 2008).
Nicht zu vergessen die Einsätze der EMDR Therapeuten in Notfalls Situationen vor Ort bei Anschlägen, Erdbeben, Überschwemmungen, Flugzeugabstürzen.
Wer kann/darf EMDR anwenden?
Obwohl EMDR auf den ersten Blick einfach erscheint, ist es eine Therapiemethode, die nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen ist. Eine Behandlung mit EMDR sollte daher nur von entsprechend fortgebildeten Psychotherapeuten (Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten) durchgeführt werden.
Zur Qualitätssicherung und zum Schutz der Klienten wurden weltweit Fachgesellschaften gegründet (z. B. EMDR Italia, EMDRIA Deutschland, EMDR France, EMDR-Europe, EMDRIA-USA), die die Ausbildung und Ausübung der EMDR-Methode mit klaren Qualitätsanforderungen und Ethikrichtlinien regeln.